kapelle & CARILLON
Glocken in der Stille
«Ellie Hemskeerk war die Carillon-spielende gute Seele. Jetzt ist es meine Aufgabe, das Glockenspiel wieder zum Klingen zu bringen.»
Peter Robert Berry IV, Eigentümer Hof Zuort.
Der niederländische Dirigent Willem Mengelberg liess bereits 1911 neben den Wohn- und Wirtschaftsgebäuden auf Hof Zuort ein Chalet errichten, das ihm zukünftig als Sommerresidenz diente. 1920 konnte er den gesamten Hof mit Umschwung von der Bauernfamilie Frigg erwerben. Deren Neffe, Clot Corradin diente über zehn Jahre als Pächter, aber auch als Bauherr, als Mengelberg beschliesst, den Weiler um eine Kapelle zu ergänzen. 1922 im Blockstil errichtet, wird die Kapelle und ihre kunstvolle Inneneinrichtung mit Altar und Kirchenbänken reich verziert. Die Arbeiten werden 1928 abgeschlossen.
Als einzigartiges Schmuckstück der Kapelle entsteht ein Glockenspiel, ein sogenanntes Carillon nach niederländischem Vorbild. Es besteht aus insgesamt 15 Glocken verschiedener Grösse und Töne: F4, Es4, D4, Cis4, C4, H3, B3, A3, Gis3, G3, Fis3, F3, Es3, D3, Cis3, die von der heute noch aktiven Firma Rüetschi, Aarau, gegossen werden. Gespielt wurden diese Glocken über eine schwergängige Klaviatur, die in einem Schrank aus Arvenholz ebenfalls von Rüetschi installiert wird – «unseres Wissens ein Unikum», schreibt ein Autor der Fachzeitschrift Campanae Helveticae in einem Aufsatz 2008.
Zu Lebzeiten Mengelbergs und darüber hinaus bis 1987 wurde das Carillon von Ellie Bysterus Hemskeerk gespielt, die unter Mengelberg als erste Violinistin im Concertgebouw-Orchester diente und häufig mit dem Dirigenten in Zuort weilte. Auch nach seinem Tod 1951 betreute Haus und Hof, sie hielt die Tradition aufrecht, während die Mengelberg-Stiftung – nun neuer Eigentümer des Weilers – junge Musiker und Musikerinnen ins Unterengadin einlud.
Als Peter Robert Berry IV, pensionierter Arzt, Zuort 2010 erwirbt, ist es ihm ein Anliegen, diesen einzigartigen Weiler auf Dauer zu erhalten und insbesondere auch Melodien des Carillons wieder im Tal erklingen zu lassen. Dazu wurden die Glocken seit 2021 von der FA Rüetschi renoviert, gestimmt, mit Magnethämmern und einer Steuerelektronik versehen. Das Glockenspiel wurde somit mechatronisch aufgerüstet, so dass es online gesteuert und mit einer e-Klaviatur direkt gespielt werden kann. Verschiedene Melodien – teils Kompositionen von Mengelberg selbst, aber auch Werke anderer Komponisten – sollen einprogrammiert werden. Zum Beginn des Sommers sind auf Zuort Richtfest und Vernissage geplant.